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Hintergrundinformationen
In Südfrankreich wird der Stier Taureau genannt und spielt schon seit Jahrhunderten eine besonders grosse Rolle. Bis heute gilt er im gesamten Mittelmeerraum als Symbol für Stärke, Mut und Fruchtbarkeit. Diese Verehrung geht zurück auf den sogenannten Mithraskult, der bereits zu Zeiten der Griechen und Römer in der Gegend zelebriert wurde.Das Symbol des Gottes Mithras war die Bezwingung eines Stieres. In der Camargue nennt man die grosse Leidenschaft für Stiere und auch Pferde, Fé di Biou - sie wird schon von den Jüngsten begeistert geteilt.
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COURSE CAMARGUAISE
Die sogenannten Course Camarguaise, provenzalische Stierspiele, haben in der Camargue eine sehr lange Tradition – erste Überlieferungen sind bereits aus dem 11. Jahrhundert bekannt. Demnach gab es in der Gegend um Arles regelmäßig Spiele, Wettkämpfe oder Kräftemessen mit Stieren. Auch in unserer Zeit finden während der Saison an fast jedem Wochenende die Course Camarguaise statt, bei denen der Stier niemals getötet wird. Dabei handelt es sich um einen sportlichen Wettkampf zwischen Mensch und Stier, bei dem es um Schnelligkeit, Mut, Ausdauer und Geschicklichkeit geht. Die Stiere erreichen oft ein sehr hohes Alter und werden nach den Spielen wieder auf die Weide entlassen.
Der Course Camarguaise ist daher nicht mit dem spanischen Stierkampf zu vergleichen; vielmehr handelt es sich dabei um einen sportlichen Wettkampf zwischen Mensch und Tier bei dem ganz in weiss gekleidete Läufer, sogenannte Razeteurs, versuchen dem Stier bunte Cocarden und Quasten zu entreissen, die zwischen seinen Hörnern befestigt wurden. Auf diese Cocarden sind Geldpreise ausgesetzt, die oft während dem Spiel über Lautsprecher erhöht werden um die Spannung zu steigern. Das einzige Hilfsmittel der Razeteurs ist der Crochet, bei dem es sich um eine kleinen Metallgriff handelt. Mit Hilfe des Crochet versuchen sie dem Stier im Vorbeilaufen eine Cocarde zu entreissen. Um den spitzen Hörnern zu entkommen müssen die Läufer sehr schnell und wendig sein – oft können sie sich nur durch einen gekonnten Sprung über die hölzerne Bande retten.
Da viele Stiere oft über Jahre hinweg an den Course Camarguaise teilnehmen, sind besonders die älteren sehr gefährlich weil sie erfahren und kampferprobt sind – mitunter verfolgen sie den Läufer mit einem eleganten Sprung über die Bande oder heben mit ihren Hörnern ganz einfach die Bretter der Umzäunung aus der Verankerung.
Diese erfahrenen Camargue-Stiere werden als Cocardier bezeichnet, benannt nach der kleinen roten Cocarde die sie beim Spiel zwischen den Hörnern tragen. An einem Course nehmen jeweils sechs Stiere teil, von denen jeder jeweils eine viertel Stunde in der Arena bleibt. Wenn der Stier nach Ablauf der Zeit die Arena nicht verlassen will, kommt ein Leitochse, der sogenannte Simbèu zum Einsatz – diesem folgt er meist bereitwillig.
Die Regeln des Course Camarguaise sind genau festgelegt und werden von der Fédération Française de la Course Camarguaise, dem französischen Verband der Stierspiele, vorgegeben. Es gibt spezielle Razeteur Schulen, beispielsweise in Arles, in denen junge Männer die nötigten Fähigkeiten und Verhaltensregeln für die Teilnahme an einem Course erlernen können. Schon Kinder und Jugendliche trainieren ihre Geschicklichkeit auf den Stierzuchten der Camargue. Fast jeder Hof hat dazu eine einfache Arena mit Holzumrandung, in der sich die angehenden Stierspieler mit den Jung Rindern üben und erste Erfahrungen sammeln. Dabei wird auch die Eignung der Stiere getestet - nur die angriffslustigsten, schnellsten und geschicktesten werden später einmal in der Arena auftreten.
ABRIVADO und BANDIDO
Vor diesen Spielen findet vielerorts ein Abrivado statt, bei der die Stiere von den Gardians, den berittenen Rinderhirten der Camargue, von der Weide bis zur Arena durch die Strassen des Ortes getrieben werden. Dabei werden die Stiere von den dicht nebeneinander galoppierenden Reitern keilförmig eingeschlossen. Traditionell versuchen Einheimische oder besonders waghalsige Zuschauer das ungestörte Vorankommen der Reiterformation zu stören, die Stiere zum Ausbrechen zu bewegen und so ihren eigenen Mut zu beweisen. Nicht selten sieht man gestandene Frauen auf Blumenkübel klettern, die dann versuchen mit Hilfe eines Baguettes die Reiter auseinander zu treiben; Kinder und Jugendliche wetteifern darum wer sich traut den Stier am Schwanz zu ziehen oder einfach dicht hinterher zu laufen.
Die Gardians lassen sich dabei nur schwer aus der Ruhe bringen, mitunter gelingt es aber doch die Formation zu behindern, sodass die Stiere entkommen können.
Für die Einheimischen ist dieses Spektakel alltäglich, der Umgang mit den Tieren ist für sie selbstverständlich und es gibt nur wenige Sicherheitsvorkehrungen. Wer das Verhalten der gefährlichen Camargue-Stiere und die örtlichen Gepflogenheiten nicht kennt, tut daher gut daran, bei einem Abrivado einen sichern Standort zu wählen. Der Camargue-Stier ist zwar um einiges kleiner als der spanische, sollte aber keinesfalls unterschätzt werden, da er unglaublich wendig, schnell und angriffslustig ist - allein für diese Zwecke wird er seit Generationen gezüchtet.
Das Stiertreiben dient nicht nur der Unterhaltung, sondern beruht auf sehr alten Traditionen und ist Ausdruck einer Lebensart, die tief verwurzelt ist mit den Sitten und Gebräuchen der Camargue. Die Gardians beweisen damit ihre Geschicklichkeit und den Mut ihrer Pferde. Ein gutes Camargue-Pferd hat ein angeborenes Gespür für das Verhalten der Stiere, sieht seine Reaktionen voraus und reagiert völlig selbstständig.
Das Treiben der Stiere nach dem Course Camarguaise, von der Arena zurück auf die Weide, nennt man Bandido.
Vielen Dank an Meike Bölts für Fotos und Texte. Diese sind in zahlreichen Fachmagazinen erschienen,
sie ist Co-Autorin und Fotografin des Buches "Citroen 2 CV Typologie u. Kaufberatung" und fotografiert für Bildagenturen.
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